Paartherapie
Wenn auch die Beziehung krank wird
Unser Seelenleben, unser Alltag mit Familie und Partner ist wichtig und beeinflusst unser Wohlergehen. Wenn es uns schlecht geht, geht es auch der Beziehung auf Dauer nicht gut.
MCAS, das Systemische Mastzellaktivierungssyndrom schränkt den Erkrankten stark ein, dies bezieht sich auf alle Bereiche.
Wenn eine Person krank ist, wirkt sich das auch auf unser Liebesleben aus. Alles verändert sich plötzlich, manchmal auch schleichend über Jahre.
Unternehmungen die sonst gemeinsam mit Freude ausgeführt wurden, sind plötzlich nicht mehr möglich. Spontanität geht flöten, alles muss geplant werden und oft auch Unternehmungen und Termine gestrichen werden, weil der kranke Partner:Inn es nicht schafft, der Stress im Vorlauf schon zu groß war oder sich ein Schub anmeldet. Weil einfach die Kraft fehlt und der kranke Partner:Inn erschöpft auf dem Sofa oder im Bett liegt und - der Urlaub abgesagt oder verschoben werden muss.
Der "gesunde" Partner:Inn möchte aber aktiv bleiben und so entsteht ein "Ungleichgewicht." Schlechtes Gewissen den anderen im Stich gelassen zu haben und Frust kommen auf. Manche Paare sprechen darüber, manche Paare nicht. So steht immer etwas unterschwellig "zwischen" dem Paar.
Der "kranke" Partner:Inn fühlt sich unter Druck gesetzt, mit dem gesunden Partner:Inn mithalten zu müssen, was auf Dauer nicht funktioniert und zu noch mehr Frust und Traurigkeit führt, denn Fehlschläge sind vorprogrammiert. Beide Partner fühlen sich schlecht und man lebt so weiter vor sich hin mit den schlechten Gefühlen die beide nicht gerade glücklicher machen.
Freunde und Familienmitglieder/Verwandschaft haben kein Verständnis. Für die Erkrankung nicht und schon gar nicht dafür, dass immer mal wieder gemeinsame Treffen abgesagt werden oder "nur" der gesunde Partner:Inn erscheint. Dann wird es unangenehm und peinlich. Freunde und Familie ziehen sich zurück, niemand ruft mehr an um mal nachzufragen, wie es einem denn geht.
Denn entweder können sie mit der Situation nicht umgehen und sind verunsichert - oder aber - man wird als Hypochonder abgestempelt und gar nicht erst ernst genommen. Denn niemand kann sich in die schwierige Situation hineinversetzen, in der der Erkrankte und sein Partner:Inn stecken.
Das führt zu vielen Konflikten und das wiederum führt dazu, dass Paare sich auseinanderleben und gar nicht mehr miteinander sprechen. Ein Berg aus schlechtem Gewissen, negativen Gefühlen und Missverständnissen wächst an.
Wir verlieren uns zwischen Krankenhausaufenthalten, Schüben in denen der Kranke liegen muss, im Alltag, wenn der eine arbeiten geht und der andere Zuhause bleiben muss weil er/sie nicht mehr arbeiten kann, es nicht mehr schafft. Wenn der eine aktiv und der andere nicht aktiv sein kann. Der eine schnell lebt und der andere - langsam - und nicht mehr mithalten kann.
Das Paar lebt in zwei Welten und sie schaffen es nicht mehr, diese beiden zu verbinden. Sie schauen mit Verbitterung auf die Vergangenheit zurück und erwarten, dass der andere Partner:Inn doch eigentlich so zu funktionieren hat, wie er es vor vielen Jahren, als alles noch gut war, auch getan hat.
Und genau das ist die Krux: Zu verstehen, dass "beide" Partner:Innen sich verändert haben, heute andere Bedürfnisse haben als zu der Zeit in der sie zusammengekommen sind und glücklich verliebt waren. Den anderen "heute" so anzunehmen, mit allen Schrulligkeiten und Macken die da sind oder noch dazu gekommen sind - und zu akzeptieren, dass eine Erkrankung da ist, die vieles verändert ist erst einmal schwer.
Diese Erkrankung anzunehmen und damit zu leben, es zu schaffen, nicht auf das zu schauen, was man nicht mehr kann, sondern: sich über das zu freuen was man kann und hat, das ist ein großer Schritt zur inneren Heilung, den Frieden damit zu finden und damit zu leben, sodass es einen nicht selbst, nicht den anderen und auch die Beziehung nicht zerstört. Dieser Prozess des Annehmens kann Jahre dauern, aber es lohnt sich, sich auf den Weg zu machen und es anzugehen.
Die AKZEPTANZ, das VERSTÄNDNIS und Gefühle für einander sind wohl die wichtigsten Punkte die vorhanden sein müssen, die Bereitschaft dazu mit diesen Veränderungen zu leben, sich davon nicht erdrücken zu lassen, sondern zu schauen:
Was kann ich, was kann mein Partner tun, damit es "uns" und jedem für sich wieder gut geht?
Uns von alten Mustern lösen und neues wagen.
Neue Lösungen müssen her, sich als Paar neu zu finden. Den Druck rausnehmen. Das schlechte Gewissen aufzulösen. Missverständnisse aufzudecken. Sich zu öffnen und ganz ehrlich miteinander umzugehen.
Vieles, was sich über die Jahre eingeschliffen hat, kann man nicht von heute auf morgen "wegwünschen." Es wird nicht einfach werden, aber es könnte sich sehr lohnen, sich gemeinsam mit dem Partner für eine glücklichere Beziehung einzusetzen und umzudenken.
Wenn Sie sich die folgenden Fragen anschauen und das Gefühl haben: "Ne, bei uns ist das alles in Ordnung", dann ist ja alles gut. Aber wenn Sie einige Fragen nicht zu Ihrer Zufriedenheit beantworten können, dann könnten Sie und Ihr Partner:Inn eventuell von einer Eheberatung/Paartherapie profitieren:
- Wie geht Ihr Partner:Inn mit Ihren Erkrankungen um?
- Was hat sich in der Partnerschaft durch die Erkrankungen verändert?
- Welche Einschränkungen gibt es dadurch?
- Ist noch Verständnis für einander da?
- Gemeinsame Unternehmungen, gibt es die noch?
- Fahren Sie noch gemeinsam in den Urlaub?
- Machen Sie gemeinsam Sport?
- Gibt es ein gemeinsames Hobby?
- Hat der Freundeskreis sich verkleinert oder zurückgezogen?
- Gibt es die Akzeptanz in der Familie/Verwandtschaft?
- Wie ist es mit Spontanität?
- Freude/Unbefangenheit/Lachen/Humor gibt es das noch in Ihrer Partnerschaft?
- Gibt es noch ein Sexualleben?
- Sind Sie als Paar noch näher zusammengerückt oder eher auseinander?
- Belastet Sie und Ihr Partner ein ständig schlechtes Gewissen, weil Sie gemeinsam nicht tun können was Sie eigentlich wollen und Sie und Ihr Partner beide das Gefühl haben, Sie lassen sich gegenseitig im Stich?
Dies sind ganz normale Entwicklungen, die man aber aufarbeiten kann, wenn beide Seiten das wollen. Ich habe kein Patentrezept, möchte aber darauf aufmerksam machen, dass es vielen Paaren, wenn einer krank ist, nicht gut geht und oft beide leiden. Und nicht selten wird der "gesunde" Partner Co-krank, arbeitet sich in einen Burnout und braucht selbst Hilfe.
Es gibt Paartherapeuten mit dem Zusatz Sexualtherapeut oder auch Eheberatungen der Diakonie oder des Bistums die man aufsuchen kann um sich Unterstützung zu holen. Das Bistum und die Diakonie bieten dies kostenlos an.
Eine Krise kann eine Chance sein etwas zu Verändern. Aber - auch eine Paar/Eheberatung ist keine Garantie für den Erhalt der Beziehung, das sollte man wissen.
Es bleibt ein offenes Ergebnis, welches man allerdings selbst gestaltet. Vor allem: Müssen beide Partner dazu bereit sein sich darauf einzulassen, wenn nur einer nicht mitzieht wird es schwierig bis unmöglich.